Testbericht

Kawasaki ZZ-R 1100
Motorrad Test '98

 

Ein Allrounder im wahrsten Sinne des Wortes. Ganz gleich, ob es um die große Tour mit Sozius und Gepäck geht, den Sonntagmorgen-Trip zum Bikerstammtisch oder die tägliche Fahrt zur Arbeit, die ZZ-R 1100 macht alles mit. Leistung hält sie im Überfluss parat, Verarbeitung und Ausstattung sind tadellos, das Fahrwerk macht auch keine gefährlichen Sperenzchen.

Die gemessenen 150 PS der offenen Version sind ein Wert, an dem sich so mancher Tuner noch vor ein paar Jahren die Zähne ausgebissen hat und das Beeindruckendste dabei: Diese Power lässt sich völlig unspektakulaer abrufen, ganz locker mit dem Dreh am Handgelenk. Trotz Leistungsdefizit ist sie dank des effektiven RAM Air-Systems schneller als die Honda CBR 1100 XX.

Daten & Messwerte
Preis 21400 Mark
Leistung 150 PS (108 kW) bei 11500/min. Maximales Drehmoment 110 Nm bei 8500/min, Auch mit 98 PS bei 9300/min
Motor Viertakt-Vierzylinder-Reihenmotor, flüssigkeitsgekült. Vier Ventile pro Zylinder, Bohrung x Hub 76 x 58 mm, Hubraum 1052 cm3, Verdichtung 11,0, Vier Keihin-Gleichdrukvergaser 40mm, Kontaktlose Zuendung, Elektrostarter, Sechganggetriebe, Endantrieb über Dichtringkette
Fahrwerk Leichtmetall-Brückenrahmen. Vorn Telegabel 43mm, Federweg 120 mm. Hinten Leichtmetall-Kastenprofilschwinge mit Zentralfederbein, Federweg 117 mm. Bereifung vorn 120/70 ZR 17, hinten 180/55 ZR 17. Doppelscheibenbremse vorn 320 mm, Scheibenbremse hinten 250 mm. Radstand 1500 mm, Sitzhöhe 780 mm, Tankinhalt 24 Liter
Garantie und Service Zwei Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung. Service alle 6000 Kilometer
Test in Motorrad MO 1/98



Mo-Messwerte
  Kawasaki ZZ-R 1100 Honda CBR 1100 XX
Gewicht vollgetankt 270 kg 253
Topspeed solo liegend 278 km/h 275 km/h
Beschleunigung von 0 bis 100 km/h 3,0 s 2,9 s
Durchzug im letzten (6) Gang von 60 bis 140 km/h 8,9 s 8,1 s
Testverbrauch (Normalbenzin) 6,8 l/100km 7,2 l/100km



Kawasaki ZZ-R 1100: Geht Giantisch

Motor

Startet problemlos und hängt nach kurzem Warmlauf vor allem im oberen Drehzahlbereich superbissig am Gas. Choke am Lenker. Bei gezogenem Choke hohe Leerlaufdrehzahl. Ruckfreie Gasannahme ab 1500/min, ab 4000/min kräftiger Durchzug, ab 7500/min brachial. Insgesamt beeindruckender Leistungs- und Drehmomentkick. Feine, nicht störende Vibrationen. Bäriger Sound, Lastwechsel trotz brachialer Kraft des Motors recht sanft.
Note 2,0

Kupplung und Getriebe

Gut dosierbare hydraulische Kupplung, trennt kalt und heiß sehr gut. Kurze Schaltwege im Getriebe, in kaltem Zustand knochiges Schaltgefühl. Rastung fühlt sich leicht diffus an, funktioniert aber gut. Leerlaufsuche kein Problem.
Note 2,0

Fahrwerk

Geradeauslauf nicht hundertprozentig stabil. Leichtes Taumeln um die Längsachse, schaukelt sich aber nie richtig auf. Tolle Gabel mit sehr feinem Ansprechverhalten, komfortabel aber auch straff genug für sportliche Fahrt. Einstellbar in Vorspannung und Zugstufendämpfung. Hinters Federbein spricht auf schlechter Piste knorrig an. Abstimmung nicht so komfortabel wie die der Gabel. Neutrales Kurvenverhalten, bei niedriger und hoher Geschwindigkeit trotz des hohen Gewichts erstaunlich handlich. Geringe Einlenkkraft erforderlich. Mässiges Aufstellen beim Bremsen in Schräglage. Leichtes Shimmy zwischen 80 und 70 km/h.
Note 2,5

Komfort

Leicht nach vorn orientierte Sitzposition. Für kurze Arme Distanz zum Lenker etwas weit. Angenehmer Kniewinkel Für lange Distanzen. Bequeme Sitzbank. Humaner Soziussitzplatz mit ebenfalls entspanntem Kniewinkel. Scheibe bietet bis 200 km/h akzeptablen Windschutz.
Note 2,0

Bremsen

Doppelscheibe vorn braucht deutliche Handkraft, dann bremst sie bei klarem Druckpunkt und zum Hebelweg proportionaler Wirkung ordentlich. Guter Alltagskumpel. Tolle Hinterradbremse mit gut einschätzbarer, kräftiger Wirkung.
Note 2,0

Verbrauch

Wird die ZZ-R richtig rangenommen, dann laufen 6,8 Liter Normalbenzin durch die Vergaser. Bei sanftem Gashändchen auch unter sechs Litern fahrbar.
Note 2,0

Ausstattung

Einstellbare Handhebel, Haupt- und Seitenstaender, Benzinuhr, Ausstattungsmässig gibt's nichts zu mäkeln. Dazu eine schöne Verarbeitung an Rahmen und den Verkleidungsteilen. Die Rückspiegel stehen etwas zu weit innen, die Verkleidungsscheibe ist etwas labil und fängt leicht an zu flattern.
Note 2,5

Motorrad fürs Geld

Nicht umsonst hat sich die schwere ZZ-R 1100 so lange im Kawasaki-Programm gehalten. Bei einem preislichen Abstand von etwa 1000 Mark zur moderneren Honda CBR 1100 XX wird die Luft aber allmählich dünn.
Note 2,0

Urteil

Immer noch ein dolles Ding, die große ZZ-R. Offen nicht nur ein brachialer Brüller, sondern auch das brave Krad zum alltäglichen Stadtstochern. Quintessenz ist und bleibt aber das Wissen um den bärigen Motor und die phänomenale Höchstgeschwindigkeit.
Gesamt-Note 2,1

© Franz Weizinger

Letzte Aktualisierung: Montag, 27. Dezember 1999 16:29:59